Ungültige Abmahnungen – das sollten Arbeitnehmer wissen
Die Abmahnung gehört zu den wichtigsten Mitteln eines Arbeitgebers, um Angestellte offiziell auf Verstöße gegen den Arbeitsvertrag und weiteres Fehlverhalten hinzuweisen. Nicht immer hat die vom Arbeitgeber ausgesprochene Abmahnung jedoch Gültigkeit, so dass der betroffene Angestellte keine Konsequenzen fürchten muss. Unser Artikel zeigt auf, in welchen Fällen ungültige Abmahnungen vorliegen und wie sich Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite korrekt verhalten können.
Wann genau kommt es überhaupt zur Abmahnung?
Eine feste Rechtsgrundlage für Abmahnungen in Deutschland gibt es nicht. Jeder Arbeitgeber hat das Recht, bei einem Verstoß einzelner Mitarbeiter gegen den abgeschlossenen Arbeitsvertrag eine Abmahnung auszusprechen. Eine einzelne Abmahnung hat keine unmittelbaren Folgen, bei einer wiederholten Aussprache kann sie jedoch Basis einer außerordentlichen bzw. verhaltensbedingten Kündigung sein.
Arbeitgeber müssen nicht gleich das Mittel der Abmahnung nutzen, um Angestellte auf ein Fehlverhalten hinzuweisen. Eine formlose Ermahnung kann in vielen Fällen ausreichen, die weniger offiziell ist und nicht in der Personalakte zu dokumentieren ist. Die Abmahnung sollte immer verhältnismäßig sein und sich an der Firmenkultur, dem Führungsstil und dem etablierten Verhalten innerhalb der Belegschaft orientieren.
Auch wenn eine erste Abmahnung zunächst keine direkten Folgen mitbringt, wird jeder Arbeitnehmer bemüht sein, die Rüge durch den Vorgesetzten zu umgehen. Unabhängig vom Sachverhalt als solchen können inhaltliche und formale Gründe für die Ungültigkeit der Abmahnung sorgen.
Wann ist eine Abmahnung ungültig?
Ungültige Abmahnungen können in vielfältiger Weise entstehen. Auch wenn es keinen offiziellen Rahmen für eine frist- und formgerechte Abmahnung gilt, können zeitliche oder formale Versäumnisse die Rüge ungültig werden lassen.
Einer der offensichtlichsten Gründe einer ungültigen Abmahnung ist ein fehlerhafter oder diskriminierender Ansatz. Der Arbeitgeber kann die Rüge nicht aussprechen, wenn sie offensichtlich eine Benachteiligung bzgl. Alter, Herkunft, Geschlecht oder ähnliche Lebensfaktoren darstellen. Hier ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu überprüfen. Stellt beispielsweise eine Mitarbeiterin fest, dass ein Verhalten abgemahnt wird, dass bei ihren männlichen Kollegen geduldet wird, ist die Abmahnung mit Sicherheit ungültig.
Die angemahnten Verhaltensweisen müssen zudem wahr sein. Hier heißt es für den Arbeitgeber, einen konkreten Nachweis vorzulegen, der zur Aussprache der Abmahnung qualifiziert ist. Fehlen nachvollziehbare Daten, Fakten oder Zeugenaussagen, wird es sich ebenfalls um ungünstige Abmahnungen handeln.
Gibt es bei einer Abmahnung Formfehler?
Bei einer Abmahnung Formfehler zu suchen, ist aufgrund einer fehlenden, verbindlichen Rechtsgrundlage schwierig. Allerdings gibt es inhaltliche und zeitliche Aspekte, die als Formfehler definiert werden könnten:
- Zwischen dem Fehlverhalten und dem Aussprechen einer Abmahnung darf nicht viel Zeit vergehen. Konkrete Fristen gibt es nicht. Nach einigen Monaten oder gar Jahren für ein Fehlverhalten abgemahnt zu werden, dürfte die ausgesprochene Abmahnung ungültig machen.
- Die Abmahnung muss sich auf ein Fehlverhalten beziehen, welches sich in Bezug auf den Arbeitsvertrag oder sonstige Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezieht. Der Arbeitgeber sollte deshalb bei einer schriftlichen Abmahnung den konkreten Verstoß benennen und einen Bezug zum geschlossenen Arbeitsvertrag herstellen. Je nach Sachverhalt muss allerdings kein entsprechender Wortlaut im Arbeitsvertrag zu finden sein, beispielsweise bei regelmäßigem Alkoholkonsum am Arbeitsplatz.
- Die Abmahnung muss gegenüber dem Arbeitnehmer ausgesprochen werden. Dieser ist über sein Fehlverhalten und die Abmahnung als solche in Kenntnis zu setzen. Ein einfacher Vermerk des Arbeitgebers über das Fehlverhalten in der Personalakte stellt keine offizielle Abmahnung dar und wird entsprechend ungültig sein.
- Damit die Abmahnung rechtlichen Bestand hat, muss Sie für den Arbeitnehmer erkennbar eine Warnfunktion erfüllen, das bedeutet, dass der Arbeitgeber hier auf die Möglichkeit der ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung im Falle der Wiederholung eines gleichartigen Verstoßes hinweisen muss.
Falls Sie aktuell von einer Abmahnung betroffen sind und den formal korrekten Charakter der Abmahnung überprüfen möchten, stehen Ihnen unsere Rechtsexperten für Arbeitsrecht gerne kompetent zur Seite.
Abmahnung ohne Beweise oft ungültig
Einen Aspekt ungültiger Abmahnungen möchten wir gesondert hervorheben: Für die Gültigkeit hat der Arbeitgeber Beweise vorzulegen. Diese Beweise hat er selbst zu erbringen, alternativ kann er sich auf Zeugenaussagen, beispielsweise von anderen Vorgesetzten oder dem Mitarbeiterkreis berufen.
Gerüchte über den Konsum von Alkohol am Arbeitsplatz, die Beleidigung anderer Mitarbeiter oder das regelmäßige „Krankfeiern“ reichen für eine Abmahnung nicht aus, selbst wenn diese der Wahrheit entsprechen würden. Der Arbeitgeber sollte deshalb in seiner schriftlichen Abmahnung die Gründe so explizit wie möglich formulieren und diese mit Fakten und Beweisen untermauern.
So sollten in der Abmahnung Ort und Zeit zu finden sein, wann das Fehlverhalten des Arbeitnehmers aufgedeckt wurde. Fehlen solche konkreten Angaben, kann die Abmahnung an Gültigkeit verlieren. Ähnlich wie bei der Verhältnismäßigkeit der Abmahnung gibt es eine große Grauzone, so dass im Einzelfall zu prüfen ist, was als Beweis gilt und was nicht.
Unwirksame Abmahnung – wie verhalte ich mich richtig?
Wer als Arbeitnehmer eine Abmahnung durch den Arbeitgeber erhält, sollte nach den obigen Überlegungen folgende Aspekte überprüfen. Unter Umständen wird die Abmahnung bereits durch eine der nachfolgenden Fragestellungen ungültig:
- Wurde die Abmahnung offiziell und in schriftlicher Form übergeben und zugestellt?
- Sind in der Abmahnung Beweise für das Fehlverhalten mit Angabe von Ort, Zeit oder Zeugen zu finden?
- Liegt der abgemahnte Sachverhalt bereits einige Wochen oder Monate zurück?
- Ist die ausgesprochene Abmahnung verhältnismäßig, beispielsweise im Vergleich zum Verhalten anderer Mitarbeiter ohne eine entsprechende Abmahnung?
- erfüllt die Abmahnung die Warnfunktion?
Eine Prüfung dieser und weiterer Fragen ist allen Betroffenen nahezulegen, da so häufig eine unwirksame Abmahnung aufgedeckt wird. Hier sollten Sie nicht zögern, gegen die Abmahnung vorzugehen und eine Löschung dieser in Ihrer Personalakte verlangen. Verweigert der Arbeitgeber die Löschung, können Sie eine Gegendarstellung fertigen, die ebenfalls zur Personalakte genommen werden muss oder auf Löschung klagen.
Rechtlicher Beistand im Zweifelsfall ratsam
Die Einschätzung eines Rechtsexperten ist oft nötig, um die Rechtmäßigkeit einer Abmahnung festzustellen. Gerade bei der Einschätzung, ob die Abmahnung ohne Beweise erfolgt und verhältnismäßig ist, sind weitreichende Kenntnisse im Arbeitsrecht sowie vergleichbare Vorfälle wichtig. Hier steht Ihnen Recht Schaffen als erfahrene Kanzlei im Arbeitsrecht kompetent zur Seite. Wir überprüfen Ihre Abmahnung auf Gültigkeit oder helfen Arbeitgebern, Frist- und Formfehler beim Aussprechen der Abmahnung zu vermeiden.